Pro & Contra
Wird uns das Homeoffice als moderne flexible Arbeitsform nach der Pandemie erhalten bleiben?
Wird es uns damit gelingen, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu leben?
Es gibt gute und nachvollziehbare Argumente, die für oder auch gegen das Arbeiten jenseits der bisherigen Bürostrukturen stehen. In unseren vorherigen Artikeln in diesem Magazin haben wir dazu bereits ausführlich informiert.
An dieser Stelle haben wir für Sie eine Zusammenfassung und unmittelbare Abwägung beider Seiten der Argumentation - Pro und Contra - zusammengefasst.
Die „gute“, alte Zeit, dahin ist sie und kommt nicht wieder…
Mobiles Arbeiten, Homeoffice, agiles Arbeiten – das ist die Zukunft
Wer kennt sie nicht, Bilder von Großraumbüros aus längst vergangenen Zeiten. Viele Damen saßen in Reih und Glied; vor ihnen standen die Schreibmaschinen und es wurde nach Diktat oder Vorlage getippt. Vorne saß der Büroleiter und kontrollierte, dass auch gearbeitet wurde.
Die Arbeitszeiten und die Pausen waren streng festgelegt, die tippenden Damen waren immer adrett frisiert und trugen selbstverständlich Kleider oder Röcke.
Dies ist lange her und gehört zur Geschichte. Heute konkurrieren Männer und Frauen um Führungspositionen. Es gibt Führung auf Distanz, sozusagen als höchste Tugend des Führens.
Plötzlich ist mehr zu kontrollieren als die bloße Anwesenheit, es geht um das Führen nach Ergebnissen und Wirtschaftlichkeit. Auch umweltpolitische Fragen rücken immer mehr in den Fokus.
Bei uns in der BA und den JC haben insbesondere die aus meiner Sicht unterbezahlten Teamleitungen deutlich mehr zu tun, um ihre Mitarbeiter*innen zu erreichen. Deswegen ist es gut, dass jetzt auch Führungskräfte mobil arbeiten und damit deutlich machen, dass sie Führung auf Distanz können, wenn man sie lässt.
Welche betrieblichen Benefits kann ein*e Arbeitgeber*in bieten, um die Mitarbeiter*innen zu halten? Na klar, allen voran mobiles Arbeiten und das am besten noch innerhalb eines großen Zeitfensters.
Aktuell in Corona-Zeiten geht plötzlich alles, was jahrelang undenkbar schien. Unsere „Nachteulen“ dürfen bis 22.00 Uhr arbeiten und die Frühaufsteher*innen freuen sich über den möglichen Arbeitsbeginn um 6.00 Uhr.
Und wenn die Waschmaschine in der Mittagszeit repariert werden soll, muss nicht gleich Urlaub genommen werden. Zwischendurch mal ein Arzttermin, auch kein Problem. Nachmittags mit dem Kind ins Freibad und abends wird gearbeitet, wenn der Nachwuchs im Bett liegt, auch das ist möglich. Dies alles natürlich immer unter Beachtung der Arbeitsregelungen.
Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen sich Flexibilität und richten sich dabei nach den betrieblichen Erfordernissen. Wenn die persönliche Anwesenheit erforderlich ist, wird ins Büro gefahren und ansonsten ist Arbeit von zu Hause aus angesagt. So viel Selbstständigkeit und Verantwortlichkeit bringen wir alle mit.
Hinzu kommt die gesparte Fahrtzeit. Das ist ein echter Gewinn an Lebenszeit und gerade die Pendler*innen bzw. Autofahrer*innen, die nicht mehr jeden Tag ins Büro müssen, schonen ihre Nerven, weil sie nicht in endlosen Staus stehen und an der Tanksäule kurz vor dem Schreikrampf sind oder ihre Zeit in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln verschwenden.
Sinkende Unfallzahlen (2020 minus 15,5 Prozent), weniger Verkehrstote (im Jahr 2020 hatten wir einen historischen Tiefstand von 266 Unfalltoten) und insgesamt gesehen auch ein deutliches Minus bei den verunglückten Verkehrsteilnehmern sind eine überaus positive nachweisbare Bilanz. Welches Leid hinter diesen Zahlen steht, ist unschwer zu erkennen. Lieber Kurzarbeitergeld für Autowerkstätten als belegte Krankenhausbetten und zerstörte Gesundheit.
Sehr zum Leid der Kommunen und anderer Institutionen mögen sich die fehlenden Einnahmen aus Parkverstößen und Geschwindigkeitsüberschreitungen erweisen.
Das daraus resultierende moralische Empfinden hat sich jedoch verbessert. Mit dem bürobedingten Termindruck im Nacken wird leicht zu schnell gefahren und prompt ist der Führerschein weg, der brave Bürger wird zum Täter, das macht doch sofort ein ganz schlechtes Gewissen.
Auch die Umwelt freut sich, wenn nicht mehr so viel Treibhausgas in die Luft geblasen wird. Unsere Natur, unsere Tiere und unser Wald sind unersetzbare Werte und Menschenleben erst recht. Das Auto sollte für die Fahrt ins Büro nur bewegt werden, wenn die persönliche Anwesenheit unbedingt erforderlich ist.
Die alten Zeiten, in denen ins Büro gefahren werden musste, um dort nur vor dem PC zu sitzen und vielleicht mal mit dem unmittelbaren Zimmernachbarn zu reden, sind hoffentlich Geschichte.
Wenn jedoch zu Hause nur beengte Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und der Wohnzimmertisch nicht gerade ein rückenfreundliches Arbeiten am PC ermöglicht oder die ganze Familie zu Hause ist, sollte die Arbeit im Büro auf freiwilliger Basis machbar sein.
Für Handwerk, Landwirtschaft und Verkaufsberufe zwar kein Thema, aber im Dienstleistungsbereich lässt sich vieles von zu Hause aus machen und die allermeisten Kund*innengespräche (noch Anfang 2020 undenkbar) können online geführt werden.
Organisation und Menschen werden immer flexibler, gewohnte Muster wie Präsenzpflicht und Kontrolle gehören der Vergangenheit an. Die Abkehr bedeutet jedoch für traditionell hierarchisch aufgestellte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine gravierende Umstellung.
Von unterwegs, im Homeoffice oder im Büro – die Beschäftigten sollen selbst entschieden, wie und wo sie arbeiten, einzig und alleine das Ergebnis zählt. Eine Rückkehr in die alte Arbeitswelt scheint kaum vorstellbar.
Mobilarbeit mit einer festgelegten möglichen Mindestzeit bspw. an 3 von 5 Tagen, die aber arbeitnehmerseitig freiwillig mit selbstbestimmten Wochentagen erfolgt, die sich nach den betrieblichen Erfordernissen richten, das wäre schön.
Viele Personalrekrutierungsprobleme gerade in den Ballungsräumen würden sich dann als überflüssig erweisen.
Kein Erfolg ohne Selbstdisziplin
Strukturiert den Tag gestalten, eigene Grenzen erkennen, die Kinderbetreuung als organisatorische Herausforderung wollen bewältigt werden. Kinder verstehen nicht immer, warum Mama und Papa jetzt arbeiten müssen …
Homeoffice kann zu sozialer Isolation führen
Spontane Begegnungen, der schnelle Austausch auf dem Flur oder am Kaffeeautomaten, der Plausch über Freizeitaktivitäten? Das Miteinander im Team verändert sich sowohl auf der Arbeits- als auch auf sozialer Ebene. Der Zusammenhalt in Jobcentern und Agenturen bröckelt und die Firmenkultur leidet. Eine Skype Konferenz, Videotelefonie, Chats oder Mails können den persönlichen Austausch nicht ersetzen.
Homeoffice kann mehr Überstunden auslösen.
Beschäftigte möchten unbedingt zeigen, dass sie nicht „faulenzen“, Pausen werden nicht eingehalten. Druck wird aufgebaut, Selbstausbeutung droht.
Homeoffice kann zu mehr Stress führen.
Selbst wenn die tägliche Fahrt zur Arbeit wegfällt, Arbeit von zu Hause aus führt zu
Konzentrationsproblemen und Schlafstörungen. Zahlreiche Beschäftigte arbeiten abends und am Wochenende. Denken wir an unseren vermeintlich positiven flexiblen Arbeitszeitrahmen von 6:00 bis 22:00 Uhr …
Fehlende digitale Struktur im Homeoffice
Auch in diesen Zeiten gibt es Haushalte, in denen keine oder keine stabilen Internetanschlüsse vorhanden sind. Vielen Kolleginnen und Kollegen ist es technisch nicht möglich, im Homeoffice zu arbeiten. Dadurch entsteht eine Ungleichbehandlung von Kolleginnen und Kollegen.
Rechtliche Rahmenbedingungen – im Homeoffice
Der Arbeitsplatz zu Hause unterliegt bestimmten Arbeitsschutzbestimmungen. Beleuchtung,
Ergonomie, Raumgröße müssen und dürfen von Arbeitgeber*in regelmäßig überprüft werden. Keine unbedingt schlechte Nachricht, allerdings bedeutet es auch Zutrittsrecht zum privaten Bereich.
Letztendlich lässt sich nicht pauschal sagen, ob das Arbeiten im Homeoffice gut oder schlecht ist. Es ist wie so oft im Leben. Soweit durch unsere Arbeitgeberin zulässig, muss jede*r für sich selbst herausfinden, ob Arbeiten im Homeoffice das Richtige ist.
Studien sehen im Homeoffice die Arbeitsgestaltung der Zukunft. Einen „Königsweg“ wird es nicht geben. 1 – 2 Tage im Büro, 3 – 4 Tage im Homeoffice arbeiten, könnte eine Lösung sein. Wer freut sich nicht über eine Abwechslung. Eine angenehmes Arbeitsumfeld, Vermeidung von Ablenkungen, Achtsamkeit, Zeitmanagement sind weitere wichtige Voraussetzungen.
Ihre vbba-Frauenvertretung möchte Sie auf diesem, Ihren Weg begleiten.
Zusammenfassung: Bettina Ey
Verfasserin Pro: Heike Schubert
Verfasserin Contra: Kerstin Adjalian
Mitglieder der vbba-Frauenvertretung